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Ilka geht
Die
deutsche Europa-Gruppe der Grünen geht ihrer Partei mit gutem
Beispiel voran: Sie löst sich in ihre Einzelteile auf. Nachdem
bereits die Europa-Abgeordneten Wolfgang Kreissl-Dörfler und Ozan
Ceyhun Partei und Fraktion verlassen haben (in Richtung SPD) geht
jetzt die Abgeordnete Ilka Schröder (zu gar keiner Partei).
Am 17. September 2001 schien noch alles in Ordnung. Da brachte
die Europa-Abgeordnete Ilka Schröder wie gewohnt ihr vierteljährlich
erscheinendes Blättchen mit dem programmatischen Titel "Denkpause"
heraus. "Keine Revolte ohne Krawall - alle Staatsgewalt geht
vom Volke aus" klabusterte sie da noch eindeutig zweideutig
über die Ausschreitungen bei diversen EU- und Weltwirtschafsgipfeln
- und legte sich mal wieder mit ihrer Partei an, die inzwischen
ein Ordnungsverfahren gegen die aufmüpfige 23-jährige
angestrengt hatte.
Elf Tage später war alles anders. Da hatte sich das Ordnungsverfahren
erledigt, weil Ilka Schröder freiwillig selber ging. "Parteimitgliedschaft
abgegeben – Fraktion verlassen" teilte die Abgeordnete in einer
"Sonder-Denkpause" mit. Beigetreten sei sie wegen der
Grundsätze der Grünen. Es sei "offensichtlich, dass
die Partei diese Grundwerte heute nicht mehr vertritt". Weiter
gehende Erklärungen erwarte sie eher "von denjenigen,
die sich selbst immer noch als »links« bezeichnen, aber dennoch
in der Partei ausharren und aktiv für sie werben." Schröders
eigene Aktivitäten hätten "der Öffentlichkeit einen
innergrünen Pluralismus vorgespielt, der längst nicht mehr existiert".
Sieben Abgeordnete hatten die Grünen bei der Europawahl 1999
nach Brüssel entsenden können - ein dramatischer Einbruch,
nachdem die Grünen kurz nach dem Kosovo-Krieg rund die Hälfte
ihrer Wählerinnen und Wähler verloren hatten. Die ohnehin
magere Gruppe deutscher Abgeordneter hat sich nun nochmals fast
halbiert. Denn vor Ilka Schröder waren im Oktober 2000 bereits
zwei Abgeordnete gegangen: Wolfgang Kreissl-Dörfler und Ozan Ceyhun.
Beide traten in die SPD ein und wurden von der sozialdemokratischen
Europa-Fraktion freudig empfangen.
Ceyhun hatte als Begründung für seinen Wechsel die Ausfälle
seiner "Parteifreundin" gegen ihn angegeben. Die hatte
nach dem qualvollen Erstickungstod von 58 Flüchtlingen in einem
Lastwagen in Dover im Juni 2000 erklärt, wer wie Ceyhun "als
Konsequenz aus den Ereignissen härtere polizeiliche Maßnahmen gegen
Menschenschmuggler und eine gemeinsame EU-Einwanderungspolitik fordert,
sticht den Flüchtlingsleichen noch ein Messer in den Rücken".
Das war zwar Unfug, trug aber immerhin zur Erosion der Grünen
Europa-Gruppe bei.
Zu einem weiteren Zerfall der Grünen-Fraktion wird Ilka Schröder
jetzt nicht mehr beitragen können. Dabei hatte sie alles daran
gesetzt, die nächste Abgeordnete mürbe zu machen: Die
ehemalige Grünen-Bundesgeschäftsführerin Heide Rühle.
Die 52-jährige genießt im Europa-Parlament eine Art staatlich
alimentierten Vorruhestand. Bis auf die Aktivitäten gegen Schröder
ist von Rühle seit über zwei Jahren nichts mehr zu hören.
"Abgelassene Dummheiten" attestierte Frau Rühle ihrer
jüngeren Parlamentskollegin. Schröder wiederum sah "die
Gesamtfraktion und -partei durch Heide Rühle geschädigt". Nächster
Schritt: Die Fraktion (Schatzmeisterin: Heide Rühle) strich
Schröder das Geld für ihre "Denkpause".
Dieses beidseitige Zicken-Gezanke hatte zwar mit Politik nicht
mehr viel zu tun, wird aber im Unterhaltungswert nur noch durch
das Duo Sabine Christiansen/Ulla Kock am Brink übertroffen.
Während man von den Fernseh-Frauen zumindest auf die Fortsetzung
gespannt sein, darf wird es jetzt wohl keine weiteren Auseinandersetzungen
zwischen Schröder und Rühle oder dem Grünen-Bundesvorstand
mehr geben. Schade eigentlich. Denn letzterer hatte Schröder
vorgeworfen, sie habe sich "mehrfach nach Kräften bemüht, das
Ansehen von Bündnis 90/Die Grünen zu beeinträchtigen". Darum
werden sich die Grünen in Zukunft wieder alleine kümmern
müssen.
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