Die Austrittswelle rollt - Peter Koch

Grüne prüfen Schritte gegen Bundespartei

Die Grünen im Main-Kinzig-Kreis wollen der Bundespartei den Geldhahn abdrehen. Die Kreismitgliederversammlung von Bündnis 90/Die Grünen hat am Mittwoch nach Angaben von Christina Schmidt, der Geschäftsführerin des Kreisverbandes Main-Kinzig, diskutiert, die Zahlungen aus Mitgliedsbeiträgen an die Bundespartei einzustellen. Hintergrund ist das positive Votum des Bundesparteitages zum Einsatz deutscher Soldaten im Afghanistan-Konflikt.

Nach Ansicht etwa der Hanauer Grünen Angelika Gunkel hat die Partei damit "generell den Krieg als Mittel der Politik akzeptiert". Gunkel, die Mitglied in der Stadtverordnetenversammlung ist, zudem für eine Bürgerliste im Großauheimer Ortsbeirat sitzt, erwägt seit dem Parteitagsbeschluss ihren Austritt. Sie habe sich noch nicht entschieden, sagte Gunkel gestern auf Anfrage unserer Zeitung. Dies sei eine schwierige Entscheidung, ihre Überlegungen seien noch nicht abgeschlossen.

Im Kreisverband Main-Kinzig haben seit dem Parteitag, der mit doch beträchtlicher Mehrheit die Position von Außenminister Joschka Fischer stützte, elf Personen ihren Austritt erklärt. Prominentester Grüner, der die Partei verließ, war der Fraktionschef im Kreistag, Peter Koch. Acht der elf Austritte sind nach Informationen der Geschäftsführerin explizit mit dem Parteitagsbeschluss begründet worden. Drei weitere Austritte seien ohne Begründung erfolgt, hier gebe es nur eine zeitliche Nähe. Weitere Mandatsträger sind unter den Ausgetretenen nicht.

Diskussionen aus anderen Landesverbänden, wo ganze Ortsgruppe geschlossen den Austritt erwägen, um sich als unabhängige alternative Listen neu zu organisieren, gibt es nach Angaben Schmidts im Kreisverband nicht. Entsprechende Überlegungen aus Gelnhausen hätten sich auf den Wunsch einer einzelnen Personen reduziert.

Auf der Kreismitgliederversammlung am Mittwoch sei diskutiert worden, die Mitgliedsbeiträge an die Bundespartei einzufrieren. Dies sei allerdings keine Entscheidung, die eine Versammlung treffen könne, auf der nur 20 Prozent der Mitglieder anwesend sind. Die Grünen hätten deshalb beschlossen, zu der Frage eine Urabstimmung unter allen Mitgliedern vorzunehmen. Die rund 200 organisierten Grünen im Kreis sollen jetzt angeschrieben und um eine Stellungnahme gebeten werden, kündigte Geschäfsführerin Schmidt an.

Gedankenspiele, Schritte gegen die Bundespartei zu unternehmen, werden nach Angaben von Angelika Gunkel auch im Hanauer Ortsverband diskutiert. "Hier gibt es ähnliche Überlegungen," sagte Gunkel gestern. Die Stadtverordnete sieht eine Trennlinie innerhalb der Bündnisgrünen. Die Grenze verlaufe zwischen der Bundespartei auf der einen, den Orts- und Landesverbänden auf der anderen Seite. Nach Ansicht Gunkels "ist eine Spaltung da".

Für Gunkel hat der Beschluss, deutsche Soldaten nach Afghanistan zu schicken, Bedeutung über den aktuellen Anlass hinaus. Mit dem Einsatz sei grundsätzlich Krieg als Mittel der Politik akzeptiert worden.

Quelle: Hanau-Post, 8. Dezember 2001



08.12.2001


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