Alle fünf Jahre - zuletzt am 13. Juni 1999 - war Europawahl. Doch diejenigen, die den Kontinent - und im Zuge der Globalisierung sogar die Welt - regieren, standen gar nicht auf dem Stimmzettel. Das jedenfalls ist die These des Schriftstellers Johann-Günther König. Es dauert im Verlauf der Lektüre zwar etwas, bis König schildert, wie viele Euro-Politiker nicht nur im Griff der Lobbyisten sind, sondern sie ganz offen repräsentieren. Aber dann erfährt man, daß es seit 1983 einen "European Round Table of Industrialists" gibt, an dem sich die 40 mächtigsten Konzernlenker regelmäßig mit den entscheidenden EU-Kommissaren treffen. Deren "Agenda for Action - Europe 1990" wurde dann die Grundlage für das Kommissions-Weißbuch zum Binnenmarkt. Wer sich schon immer wunderte, warum die Brüsseler Bürokraten auf die Idee kommen konnten, Normen für Traktor-Sitze herauszugeben - hier ist des Rätsels Lösung: Das war keineswegs Ausdruck übertriebener Regulierungswut. Ein deutscher Minister hatte sie eingebracht, weil die bayerische Landesregierung das wollte. Dort ging die Initiative von einem Landmaschinenhersteller aus, der sich Vorteile gegenüber der Konkurrenz sichern wollte. Und das ist nur ein Klacks gegen die Macht, die Industrie, Banken und Versicherungen mittlerweile entfaltet haben.

Johann-Günther König: Alle Macht den Konzernen. Das neue Europa im Griff der Lobbyisten, Rowohlt Taschenbuch Verlag 1999, 320 Seiten, 8,64 EUR



15.08.2001


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